Eichstätt: Ein guter Scherz - Kreis-FDP kritisiert Klinik-Gutachten: Gute Gesundheitsversorgung muss man sich leisten wollen
Als „Zukunftsplan Kliniken im Naturpark Altmühltal“ ist das Gutachten der Firma Oberender überschrieben, das dem Kreistag fast pünktlich zum 1. April vorgestellt wurde, schreibt Schön. Tatsächlich halte er das, was dort als „Zukunftsplan“ überschrieben sei für einen „schlechter Scherz“. Die Idee: Zwei bestehende Kliniken in Eichstätt und Kösching - wovon eine gerade für über 85 Millionen Euro generalsaniert wird - dichtmachen und eine neue bauen. Auf der grünen Wiese, unweit des Klinikums Ingolstadt. Damit reagieren die Gutachter auf den vom Bund geförderten Trend zu weniger, aber dafür größeren Kliniken in Gegenden mit hoher Bevölkerungsdichte, so Schön.
„Der Kreistag kann und darf sich auf diese vornehmlich ökonomisch geprägte Sichtweise nicht beschränken“, so Schön wörtlich.
Artikel 3 der Bayerischen Verfassung verspricht, gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu fördern. Schön fragt, ob es gleichwertig sei, von Mörnsheim im Notfall künftig 40 statt 20 Minuten bis zum nächsten Krankenhaus zu fahren. „Und warum sollte ich dann nicht gleich weiter ins Klinikum Ingolstadt? „
Zum Ausgleich für die wegfallende Klinikstruktur sollen nach der Idee der Gutachter in Eichstätt und Kösching dezentrale Gesundheitszentren entstehen samt einer Außenstelle in - ach ja, Beilngries, vor der Haustür des Landrats, so Schön. Wie all diese Kosten - für den Bau der neuen Klinik, der drei Zentren sowie die vergeblich investierten Kosten für die Generalsanierung in Eichstätt - dazu passen, dass der Landrat sich eine kostendeckende Gesundheitsversorgung im Landkreis wünsche, sei mehr als fraglich.
Auch, weil das Gutachten selbst für die Mitglieder des Kreistags laut Schön bislang ein Geheimnis ist. „Knapp 90 Minuten vor Sitzungsbeginn bekamen die Kreisräte ein paar Folien dazu per Mail geschickt, dazu eine Präsentation in der Sitzung selbst“, moniert der FDP-Kreisrat. Er kritisiert: Transparente Kommunikation der - offenbar - ausschlaggebenden Zahlen der beiden Kliniken gegenüber der Gesamtheit des Kreistags? Fehlanzeige. Und das, obwohl eben dieser Kreistag in den kommenden Monaten unter anderem auf Basis dieses Gutachtens über die Zukunft der Gesundheitsversorgung im Landkreis entscheiden solle.
Klar müsse man die bestehende Lage überdenken, um unseren Landkreis fit für die Zukunft zu machen. Und ja, dazu müsse man vielleicht auch grundlegend an Struktur und Organisation der bestehenden Kliniken arbeiten. Ein erster Schritt könnte es laut Schön sein, die wichtigen Fachkräfte im Pflegebereich besser zu bezahlen - dann sei auch der im Gutachten angemahnte Fachkräftemangel vielleicht bald keine Hürde mehr. Selbst ein Klinik-Neubau zaubere ja nicht automatisch Fachkräfte herbei.
Gesundheit muss sich nicht rentieren - Gesundheit muss man sich leisten wollen, meint Schön. Der Kreis Rottal-Inn plante 2009 seine drei Kliniken zu verkaufen, denn sie schluckten jährlich Millionen. Die Bürger wehrten sich per Bürgerentscheid gegen den Verkauf und entschieden sich bewusst für ein Defizit im Gesundheitssektor, um ihre wohnortnahe Gesundheitsversorgung zu erhalten. „Die erschrockenen Reaktionen vieler Bürgerinnen und Bürger auf das Oberender-Gutachten sind für mich das eigentlich wertvollste Ergebnis des Gutachtens“, meint Schön. Sie zeigten, dass auch im Landkreis Eichstätt Gesundheit nicht nur eine Geldfrage sei und der Kreistag mit diesem Gutachten erst ganz am Anfang einer Diskussion stehe.
Quelle: https://www.donaukurier.de/lokales/eichstaett/Ein-schlechter-Scherz;art575,4763893