Maßnahmen für eine bessere und schnellere Integration von Flüchtlingen

Beschluss des Bezirksparteitags vom 3.7.2016 in Altötting

Die Flüchtlingspolitik ist geprägt von einer Systemdebatte über Verteilung und Obergrenzen. Dabei bietet das Interesse der nach Europa gekommenen Flüchtlinge große Chancen. Der deutsche Arbeitsmarkt braucht langfristig bis zu 500.000 Einwanderer pro Jahr zur Sicherung der Sozialsysteme. Allerdings können die angekommenen Flüchtlinge nur nach einer erfolgreichen Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt zum Wohlstand unserer Gesellschaft beitragen.

  1. Ehrenamtliche Hilfe und personelle Ausstattung

Lange bevor staatliche Integrationsmaßnahmen greifen, leisten ehrenamtliche Helfer schon Außergewöhnliches. Diese Arbeit ist jedoch von Gemeinde zu Gemeinde völlig unterschiedlich ausgeprägt und wird allenfalls unzureichend unterstützt. Dabei übernehmen die ehrenamtlichen Helferkreise bereits ein wichtiges Fundament für die spätere Integration. Sie vermitteln unsere Kultur und Sprachkenntnisse und ermöglichen einen sozialen Umgang mit der einheimischen Bevölkerung. Um diese Arbeit stärker zu unterstützen, fordern wir

– die Bereitstellung kostenfreier Unterrichtsmaterialien, die auf Deutsch-Niveau B1 vorbereiten, mit Mitteln des Bundesamts für Migration (BAMF)

– eine finanzielle Unterstützung von Aktivitäten im Rahmen der Helferkreise (z.B. um Tagesausflüge oder den Besuch von Veranstaltungen zu ermöglichen), mit Mitteln des BAMF. Wir fordern deshalb einen unbürokratischen Zugang zu Versicherungsleistungen und steuerlichen Erleichterungen für ehrenamtlich Tätige sowie eine bessere Beratung.

– Bereitstellung von Räumlichkeiten zum Austausch durch die Kommunen

– mindestens einen Asylsozialberater in jedem Landratsamt für die Koordination und als Ansprechpartner der Helferkreise

– Anrecht auf unbezahlten Sonderurlaub für ehrenamtliche Flüchtlingshilfe

Um die ehrenamtlichen Helfer zu unterstützen und zu entlasten, sollen Programme wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und der Bundesfreiwilligendienst (BFD) genutzt und ausgebaut werden. Wir fordern

– die Einrichtung eines FSJ – Sonderprogramms für die Flüchtlingshilfe auch in Bayern

– aktive Werbung für den Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug

– Stipendien für in Helferkreisen ehrenamtlich engagierte Studenten

  1. Sprachliche Integration

Das bisherige System der Integrationskurse als staatliches Mindestangebot für bereits Zugewanderte genügt den Anforderungen unserer Zuwanderungsgesellschaft grundsätzlich nicht mehr. Erst ab der Gewährung eines mindestens einjährigen Aufenthaltsrechts haben Flüchtlinge den Anspruch (und auch die Pflicht) auf Teilnahme an einem Integrationskurs. Bis dahin vergeht jedoch oftmals ein halbes oder ganzes Jahr. Er führt nur zu einem Sprachniveau, das keinen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt erlaubt. Eine Berücksichtigung von Lernstand oder individuellem Lerntempo erfolgt nur sehr eingeschränkt.

Wir Freie Demokraten fordern ein neues modulares Integrationsprogramm der Bundesregierung, das die individuelle Förderung entsprechend persönlicher Bedürfnisse in unterschiedlichen Stufen bis zum Sprachniveau C1 statt bisher B1 ermöglicht.

Viele Flüchtlinge sind hochmotiviert und möchten möglichst schnell Deutsch lernen. Die Helferkreise können keinen umfassenden Deutschunterricht leisten und es fehlt an kostenlosen, interaktiven Lernmöglichkeiten. Daher fordern wir

– den Ausbau der App „Ankommen“ der Bundesregierung und des bayerischen Rundfunks zu einer universellen Online-Plattform für das Lernen der deutschen Sprache

– Bereitstellung kostenfreier Übungsmaterialien (auch für Ehrenamtliche im Rahmen der Helferkreise)

– kostenfreie Sprachtests für Asylbewerber, um ihr Sprachniveau nachzuweisen

– Schaffung eines Basis-Sprach- und Integrationskurses für Personen, die humanitären Schutz beantragen, der unmittelbar nach Ihrer Ankunft in der Aufnahmeeinrichtung beginnt

Um mehr Lehrkräfte zu gewinnen, muss das Integrationskurssystem attraktiver vergütet werden, die Voraussetzungen für eine Zulassung nach Möglichkeit gesenkt und Kosten für ein DaF-Zertifikat oder andere Maßnahmen für die Zusatzqualifizierung erstattet werden.

  1. WLAN in Flüchtlingsunterkünften

Wir fordern die Regierung von Oberbayern dazu auf, die Installation von WLAN-Anschlüssen in den oberbayerischen Flüchtlingsunterkünften grundsätzlich zuzulassen und zu fördern, da freies WLAN den Flüchtlingen Zugang zu kostenfrei verfügbaren Online-Deutsch-Kursen gibt.

Der Kommunikationsanteil des Taschengeldes darf deswegen aber nicht komplett gestrichen werden, weil eine WLAN-Anbindung nicht alle Kommunikationserfordernisse abdecken kann.

Die Förderung von WLAN-Anschlüssen sollte idealerweise unabhängig von der technischen Lösung stattfinden. Dabei sollen auch ehrenamtliche Initiativen und ihre Lösungsansätze einbezogen werden. Unter anderen ist hier beispielhaft die Initiative Freifunk aufgrund ihrer Erfahrung zu nennen.

  1. Soziale Integration und Bildung

Freie Wohnsitzwahl ist ein hohes Gut und auch für Flüchtlinge grundsätzlich anzustreben. Aber durch den massiven Zuzug entsteht die Gefahr der Bildung geschlossener Milieus, welche sich nachteilig auf Spracherwerb und kultureller Integration auswirken, und wird den Wohnungsmarkt in Städten überfordern.

Vor diesem Hintergrund sprechen wir Freie Demokraten uns für die Einführung einer neuen Wohnsitzauflage aus, die die Gewährung von Sozialleistungen an Asylberechtigte befristet für drei Jahre an einen Wohnort bindet. Ein Wohnortwechsel bei einem festen Arbeitsplatz bleibt hierbei unberührt.

Für Kinder und Jugendliche ist ein sofortiger Zugang zu Bildung anzustreben. Obwohl dies die Schulen derzeit vor massive Kapazitätsprobleme stellt, muss an dem Ziel festgehalten werden. Bildung und soziale Integration fängt jedoch schon vorher an. Daher fordern wir

– den Besuch von Kitas und Kindergärten zu unterstützen

– ein verpflichtendes, kostenfreies letztes Kindergartenjahr für Kinder von Asylbewerbern

– das Angebot von Deutschkursen in Kindergärten

Integration hat Vorrang vor religiösen Überzeugungen, die ohnehin meist bei den Eltern begründet sind. Daher muss die Teilnahme an schulischen und außerschulischen Aktivitäten wie z.B. Sportunterricht, Schullandheim und Praktika verpflichtend sein.

  1. Integration auf dem Arbeitsmarkt

Um eine effiziente Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, müssen bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen Daten zu Beruf, Bildungsabschlüssen und Sprachkenntnissen erfasst und von der Bundesagentur zentral verwaltet werden.

Der Zugang zum Arbeitsmarkt sollte für Flüchtlinge sofort möglich sein.

Die Nachteile des Mindestlohns treffen insbesondere Flüchtlinge. Ohne umfassende Sprachkenntnisse haben sie einen Wettbewerbsnachteil auf dem Arbeitsmarkt und werden in die Arbeitslosigkeit gedrängt. Solange keine politische Mehrheit für die Abschaffung des gesetzlichen Mindestlohns gefunden wird, müssen zumindest Flüchtlinge für das erste Jahr ihrer beruflichen Tätigkeit in Deutschland vom Mindestlohn ausgenommen werden.

Fehlende Planungssicherheit verhindert bisher, dass Arbeitgeber Asylbewerber für längerfristige Arbeitsverhältnisse in Betracht ziehen. Wegen des Stellenwertes des humanitären Schutzes ist dieser vorrangig zu prüfen. Erhalten Asylbewerber während des Verfahrens bereits einen Arbeits- oder Ausbildungsvertrag, so soll ihnen bei Ablehnung des Antrags eine Aufenthaltserlaubnis für die Dauer des Vertragsverhältnisses bzw. spätestens nach fünf Jahren eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden.

Unabhängig vom Ausgang eines Asylverfahrens soll die Möglichkeit bestehen, eine BlueCard oder ein Aufenthaltsrecht als Fachkraft zu zu erhalten. Die Gehaltsuntergrenze für die BlueCard muss auf ein realistisches Niveau gesenkt werden. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse muss deutlich verbessert werden.