Stronger together – vulnerable Gruppen in der Krise unterstützen
Beschlossen auf der Bezirksklausurtagung am 6. März 2021
Die FDP Oberbayern bekennt sich zu einer Gesellschaft, die für all ihre Mitglieder Sicherheit bietet. Besonders das Jahr 2020 hat jedoch aufgezeigt, dass eine Vielzahl von Menschen ohne die Möglichkeit eines Einwands vulnerabler geworden ist. Diesen Menschen, die von der Krise besonders betroffen sind und aus eigener Kraft weniger tun können als andere, fühlen wir uns als Liberale verpflichtet. Diesen Menschen gilt es auch über die Coronakrise hinaus unsere Aufmerksamkeit zu schenken.
Situation von besonders von Gewalt gefährdeten Frauen:
Häusliche Gewalt birgt ein enormes Gefahrenpotential in der Coronakrise. Während eines Lockdowns verbringen die Betroffenen mehr Zeit zu Hause, ebenso wie ihre Partner. Wie die jüngst erschienene Kriminalstatistische Auswertung Partnerschaftsgewalt des BKA deutlich macht, sind es insbesondere Frauen, die durch ihre Partner Gewalt ausgesetzt werden. Auch wenn sich die Statistik nicht mit den Zahlen aus dem Jahr 2020 befasst, da hier noch kein Datenmaterial vorhanden ist, verdeutlichen doch die Zahlen einen dringenden Handlungsbedarf. Jeder noch so geringen Gefahr, zuhause Opfer von Gewalt zu werden, muss vorgebeugt werden. Ist dies zu spät, muss jede Betroffene die Möglichkeit bekommen, umgehend die entsprechende Fürsorge zu erhalten. Dazu müssen die Frauenhäuser ebenfalls den Anforderungen des Infektionsschutzes genügen, was zwangsläufig zu geringeren Kapazitäten und längeren Arbeitsprozessen führt.
Deshalb fordern wir:
- Die Finanzielle Ausstattung von Gewaltschutzräumen muss besonders in Krisenzeiten so gesichert werden, dass Frauen und ihre Kinder jederzeit in der Lage sind, Schutz vor Gewalt zu erhalten.
- Alle Kommunen müssen langfristig die Pforten dieser Räume auch für Menschen öffnen, die vor nicht-häuslicher Gewalt fliehen müssen. Wir fordern die strikte Einhaltung der Istanbul-Konvention.
- Die Initiative der deutschen Ratspräsidentschaft für ein gemeinsames Europäisches Hilfstelefon begrüßen wir ausdrücklich. Hier fordern wir ausreichende Kapazitäten und neben der Sprachfertigkeit auch die kulturelle Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen.
- Sobald ein Corona-Impfstoff in Deutschland zugelassen und verfügbar ist, sind neben den bereits angekündigten Berufsgruppen auch Mitarbeiterinnen in Gewaltschutzräumen mindestens in der zweiten Prioritätsstufe aufzuführen, um die Gefahr einer Quarantäne und die damit verbundenen Engpässe in Gewaltschutzräumen zu vermeiden.
Situation Pflegebedürftiger mit Migrationshintergrund:
Ältere pflegebedürftige Menschen mit Migrationshintergrund sind auch ohne Pandemie eine gesellschaftliche Gruppe, die mehr Aufmerksamkeit benötigt. Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums gehen davon aus, dass bis 2030 etwa 321.000 ältere Pflegebedürftige mit Migrationshintergrund in Deutschland leben werden. Deutliche Probleme, die sich von anderen Pflegebedürftigen unterscheiden sind erkennbar, auch wenn sie noch nicht restlos analysiert sind. Der im Vergleich zu anderen Pflegebedürftigen hohe Anteil an Personen, die von ihren Familienangehörigen selbst gepflegt werden suggeriert, dass zahlreiche Angebote entweder unbekannt oder für die Betroffenen nicht ausreichend sind.
Um den Problemen der Betroffenen gerecht zu werden, fordern wir:
- Es bedarf in einem ersten Schritt einer genauen Evaluierung und Analyse der Probleme. Bis Ablauf des Jahres 2023 bedarf es fundierter Ergebnisse, die Lösungen für Probleme des immer drastischeren Demographischen Wandels den Weg bereiten können.
- Der Zugang zu Pflege- und Unterstützungsangeboten muss grundsätzlich niederschwelliger werden. Die Kommunalen Ebenen müssen notwendige Pflegekapazitäten unbürokratischer bei all jenen ankommen lassen, die so dringend auf sie angewiesen sind. Eine mehrsprachige Onlinelösung zur Anmeldung und besseren Information Angehöriger der Pflegebedürftigen ist zwingend notwendig. Kulturvereine, religiöse Verbände und andere Organisationen von Menschen mit Migrationshintergrund sollen ein weiterer Pfeiler sein, um all jenen Betroffenen zu helfen, die alleinstehend sind.
- Das Versorgungs- bzw. Pflegesystem muss dringend auf die interkulturellen und sprachlichen Kompetenzen der Mitarbeiter geprüft werden. Bis zu einer ausreichenden Verbesserung der Situation ist auf kulturkompetente Dolmetscherdienste zurückzugreifen.
Situation armutsgefährdeter Personen:
Personen, die bereits vor Corona finanzielle Sorgen hatten bekommen in der Coronakrise häufig neben Applaus oder warmen Worte kaum Beachtung. Dabei sind sie es, die die Nachwirkungen der Krise voraussichtlich am längsten spüren werden. Wegfall von Berufen, Engpässe in der Rückzahlung von Krediten, die durch den Lockdown hervorgerufene Kurzarbeit: All das sind Aspekte, die die Situation bereits armutsgefährdeter Personen verschlimmerten und zeitgleich Menschen näher an die Armut herangeführt haben. Wir Freie Demokraten fordern, dies bei allen Entscheidungen zur Eindämmung der Pandemie stärker zu berücksichtigen.
Um den Betroffenen zumindest ein Mindestmaß an Hilfe zu geben fordern wir:
- Die Ermöglichung sozialer Teilhabe ist im Fall eines Lockdowns unmöglich. Um einen Ersatz zu schaffen sollen ähnlich dem Kummertelefon Fürstenfeldbruck Angebote geschaffen werden, die besonders Kinder aus armutsgefährdeten Familien erreichen.
- Sichere Mobilität muss gerade in Corona- Zeiten ermöglicht werden. Wir fordern in ganz Oberbayern wieder die normale Taktung des ÖPNV, damit nicht einzelne Buslinien zu gewissen Stoßzeiten so überfüllt sind, dass keinerlei Abstand zu Mitmenschen möglich ist. Gerade für all jene Menschen ohne Privatfahrzeug ist diese Form der Solidarität wichtig. Streiks im ÖPNV sind während einer globalen Gesundheitskrise grad für diese Menschen ein gefährliches Ärgernis.
- Jobcenter müssen ihre Angebote noch nachhaltiger digitalisieren und eine Plattform schaffen, über die sich Jobsuchende sowie Arbeitgeber zu einem Videocall für ein erstes Vorgespräch verabreden können. So werden die Hürden in den Berufseinstieg gesenkt.